Indien
Namasté
Die erste indische Schülergruppe am Gymnasium Gars (Freitag, 1., bis Montag, 18. Juni 2018)
Freitagabend am Flughafen München: Nervös warteten wir, 13 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Gars, mit unseren Eltern und den betreuenden Lehrern Herrn Fuchs, Frau Harnischmacher sowie Herrn und Frau Sternischa auf die Ankunft der Gäste. Wie würde er sein, mein indischer Gast? Auf Erfahrungen aus vorhergehenden Austauschen konnten wir nicht zurückgreifen, dies war der erste Austausch mit der katholischen Privatschule Father Agnel School in Noida, einem Vorort von Delhi. Und dann waren sie da, und obwohl wir alle im Vorfeld über die sozialen Medien Kontakt gehabt hatten, fiel die Begrüßung noch sehr vorsichtig und zurückhaltend aus.
Das erste Wochenende des Aufenthalts wurde in unseren Familien verbracht und diente einem ersten Kennenlernen. Die Verständigung erfolgte größtenteils auf Englisch, auch wenn an der indischen Schule Deutsch unterrichtet wird. Einige Gastfamilien hatten sich bereits im Vorfeld verabredet, um gemeinsam etwas zu unternehmen, und so wurde bei schönstem Wetter zum Beispiel das Haager Straßenfest oder die Allianz Arena besucht. Auch erste Grillfeiern wurden veranstaltet. Bedenken, ob unseren Gästen das Essen bei uns schmecken würde, waren in den meisten Fällen unbegründet. Hardikk, mein indischer Austauschpartner, liebte zum Beispiel Quarkbällchen, Erdbeerkuchen, Nutella und Käsespätzle.
Am Montag fand die offizielle Begrüßung der Gäste in der Schule statt. Neben der Teilnahme am regulären Unterricht waren Projekte organisiert worden, so zum Beispiel ein Kunst- und Musikprojekt sowie Konversationsstunden auf Deutsch mit unterschiedlichen Klassen. Dadurch waren die indischen Gäste an der ganzen Schule sehr präsent. Auch wenn Hardikk kein großer Fan von bayerischen Brezen ist, fand er den Besuch der Bäckerei Inninger und das Brezenbacken dort sehr spannend.
Damit unsere Gäste einen Eindruck von Bayern bekamen, wurden von schulischer Seite Ausflüge nach München, zum Chiemsee und auf den Wendelstein organisiert. Hardikk schwärmte noch Tage später von der Dampferfahrt über das bayerische Meer. Das Mittelwochenende verbrachten wir in Nürnberg und besichtigten die Altstadt, die Kaiserburg und das beeindruckende NS-Dokumentationszentrum.
Kulturelle Unterschiede wurden schnell deutlich. Dass ein verneinendes deutsches Kopfschütteln in Indien „ja“ bedeutet, lernte ich von Hardikk sehr schnell nach dem ersten Missverständnis. Schwieriger fiel es uns, bei der Zeiteinteilung ein für uns beide geeignetes Mittelmaß zu finden. Es wurde jeden Morgen knapper, mit dem Fahrrad an die Bushaltestelle zu kommen, um den Schulbus nach Gars noch zu erreichen. Für Hardikk aus der Metropole Delhi war es schlichtweg unvorstellbar, dass es keinen späteren Bus gab, den wir nehmen konnten.
Aus religiösen Gründen war es Hardikk nicht erlaubt, Rind- und Schweinefleisch zu essen, daher gab es während der Zeit seines Aufenthalts in meiner Familie öfter mal Hähnchen oder ein vegetarisches Gericht.
Anfangs hatte ich große Bedenken, ob er sich auf unserem biologischen Bauernhof, auf dem wir ausgerechnet Rinder und Schweine halten, wohl fühlen würde. Doch auch diese Sorge war unbegründet. Die Schweine interessierten Hardikk nicht besonders und bei den Rindern fand er es entspannend, ihnen bei ihrer Wanderung über die Weide und beim Fressen zuzusehen. So gut gehe es den Kühen in Delhi nicht, erklärte er mir. Nur der Elektrozaun, mit dem die Rinder innerhalb der Weide gehalten wurden, wunderte ihn. Zum ersten Mal in seinem Leben bekam Hardikk außerdem die Gelegenheit, Rasen zu mähen und Traktor zu fahren, was ihm beides sichtlich Spaß bereitete.
Von der bayerischen Landschaft und Natur, den satt-grünen Wiesen und vielen Waldstücken waren alle Inder begeistert. Eine solche Vielzahl von Grüntönen hatten viele bis dahin noch nicht gesehen. Auch die smogfreie Luft wurde immer wieder thematisiert, ebenso wie der wenige und geordnet stattfindende Verkehr. Und in Deutschland wurde erstaunlich wenig gehupt!
Nach siebzehn Tagen bringe ich einen Freund zum Rückflug nach Delhi an den Flughafen und der Abschied fällt schwer. Mein großes Indienabenteuer steht noch aus und ich kann es kaum erwarten, bis es soweit ist, dass wir am 6. August den Gegenbesuch antreten. Dann werde ich Hardikk wiedersehen, seine Familie kennenlernen und Indien erleben.
Lukas Raupach, Q 11