Der neon-Elternabend: „Schlank, sexy, muskulös: Selbstinszenierung und –optimierung bei Jugendlichen“.
Lediglich 50% der Erwachsenen sind mit ihrem Körper zufrieden. Da wundert es nicht, dass knapp 80% der Mädchen etwas an ihrem Körper ändern und 40% sogar eine geschenkte Schönheits-OP annehmen würden. Aber auch 20% der Jungen würden eine solche OP akzeptieren. Doch woher kommt diese Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper?
Diese und viele weitere Fragen beantwortete Lena Breitenfellner, Sozialpädagogin von neon-Rosenheim, während des Elternabends in Waldkraiburg mit dem Thema „Schlank, sexy, muskulös: Selbstinszenierung und –optimierung bei Jugendlichen“. Der Vortrag fand begleitend zum Suchtpräventionsprojekt der siebten Klassen statt, welches mittlerweile das dritte Jahr in Folge an allen drei Landkreisgymnasien durchgeführt wurde.
Wenn man sich Heidis Mädchen (Heidi Klum) ansieht, müssen weibliche Jugendliche groß, leicht trainiert und sehr dünn sein. Eine Mindestgröße von 1,75m und eine maximale Kleidergröße von 34; das sind die Voraussetzung für die Zulassung zum Casting von Germany’s next Topmodel. Mehr als dreiviertel der Zuschauerinnen dieser Sendung sind mit ihrem Körper unzufrieden. Nicht selten beginnen die Mädchen im Alter von 16 Jahren mit ihrer ersten Diät, obwohl sie einen völlig normalen Body-Maß-Index (BMI) haben. Dies ist, laut Frau Breitenfellner, oft der erste Schritt zu einem gestörten Essverhalten, welches in Extremfällen mit einer Esssucht endet. Die Zahl der weiblichen und männlichen (!) Jugendlichen, die an Magersucht, Bulimie oder Binge-Eating (Fressattacken) erkranken, nimmt in den letzten Jahren immer weiter zu.
Nicht nur Mädchen stehen unter dem ständigen Druck ihren Körper perfektionieren zu müssen. Schaut man sich nur mal die diversen Fitness-Programme und –Apps an, findet man übertrieben trainierte Rollenvorbilder der (männlichen) Jugendlichen. Nach der Auffassung der 13- und 14-Jährigen muss ein Junge bereits in diesem Alter groß, breitschultrig und durchtrainiert sein. Bei manchen Jugendlichen führt diese Annahme zu einem sogenannten „Adonis-Komplex“: übertriebenem Muskelaufbau, teils mit Hilfsmitteln und häufig einem gestörten Essverhalten.
Jugendliche müssen heute in der „perfekten“ Welt des Internets bestehen. Sie nutzen Apps wie Instagram oder SnapChat, wo sie bearbeitete Bilder von sich und anderen hochladen und diese durch andere User bewerten lassen. Je mehr Likes (Gefällt-mir-Klicks), desto besser und desto beliebter ist man, so wird es einem zumindest suggeriert. So scheint es nicht verwunderlich, dass die Mädchen und Jungen das Gefühl haben, sich immer weiter perfektionieren zu müssen.
Die Eltern können ihre Kinder davor nur schwer bewahren. Die einzige Möglichkeit, die man hat, ist ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Auch die Sozialpädagogin betont, dass es wichtig sei, mit den Kindern im Gespräch zu bleiben. Sollten die Jugendlich dennoch in ein gestörtes Essverhalten oder eine extreme Körperveränderung abrutschen, kann man sich jederzeit Rat und auch tatkräftige Unterstützung bei den (Sucht-)Präventionsstellen in der Umgebung holen. Man kann beispielsweise unverbindlich bei neon, der Prävention und Suchthilfe Rosenheim (www.neon-rosenheim.de) anrufen oder sich mit dem Therapienetz Essstörung (www.therapie-essstoerung.de) in Verbindung setzen. Auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung finden Eltern auch diverse kostenlose Informationsbroschüren und Links zu Beratungsstellen (www.bzga.de).
Sarah Kobler, Präventions- und Suchtbeauftragte am Gymnasium Gars